| |
Des Sängers Fluch |
Noch eine hohe Säule
zeugt von verschwundener Pracht.....
Auch diese, schon geborsten,
kann stürzen
über Nacht.
Ludwig Uhland |
Säulen
sind die senkrecht stehenden Bauelemente, die das Gewicht der Deckenlast
aufnehmen. Ziel einer jeden Konstruktion ist es, ihr Standsicherheit zu
verschaffen. Wenn das statische System von Bauteilen und Konstruktionen nicht im
Gleichgewicht steht, so ist das Bauwerk in sich instabil und es besteht
Einsturzgefahr.
Je
mehr Öffnungen in einer Wand vorhanden sind, desto mehr gelangen Licht und Luft
in das Gebäude. In heißen Klimazonen mit intensiver Sonneneinstrahlung besteht
vermehrt der Wunsch nach Kühle und Schatten. Eine Möglichkeit dem Wunsch Folge
zu leisten sind geschlossene Außenwände, die einerseits tagsüber für Kühle
und Schatten sorgen und andererseits in der Nacht als Wärmespeicher Wärme
abgeben. Je nach Standort des Betrachters wirken die eng nebeneinander stehenden
Säulen im Inneren einer Säulenhalle wie eine geschlossene Wand. In den äußeren
Reihen der Säulenhalle kann Luft durchziehen, Licht und Sonne können
einfallen.
Ein
sehr praktischer Aspekt ist, dass sich die Anzahl der Säulen bei jeder An- oder
Umbaumaßnahme an Palästen und Tempeln beliebig vergrößern läßt.
|
Die
Häuser in frühester Zeit waren mit einem leichten Zelt überdacht und Matten
aus Papyrus und Schilfrohr dienten als Außenwand. Die Decke wurde von einer
einfachen Säule gestützt, die aus einem Baumstamm oder einer Holzstange
bestand. Eine Erdaufschüttung auf dem Boden und eine unter der Decke
eingeklemmte Holzplatte stabilisierten die Säule. Das Material Holz eignete
sich wegen seiner gewachsenen Faserstruktur, der hohen Festigkeit und der Möglichkeit
einfacher Bearbeitung hierzu sehr gut. Zum Schluss wurden die schmucklosen Stützen
mit Pflanzen dekoriert.
Während
der 3. Dynastie ließ Pharao Djoser die ehemals hölzernen Säulen und ihren
Blumenschmuck erstmals in Stein nachbauen. Danach folgten alle Pharaonen seinem
Beispiel und gestalteten ihre Tempel als ein Abbild der Erde.
In
einem Felsbau, der zu Wohnzwecken oder als Grabanlage angelegt worden ist,
wurden steinerne Stützen gegen Einsturzgefahr entweder nachträglich
aufgestellt oder bereits beim Bau der Anlage als Felsblock im natürlichen Fels
stehen gelassen. Primäre Ausgangsform war der vierkantige Pfeiler ohne eine
Basis und ohne Abakus. Erst gegen Ende des Alten Reiches arbeiteten die Handwerker
die Kanten der Pfeiler ab, um eine Säule mit 8 Kanten daraus zu fertigen. Aus
diesen oktogonalen Säulen entwickelten sich, durch weiteres Abarbeiten der
Kanten, die Säulen mit 16 Kanneluren.
Die
Säulen des Alten Reiches wurden aus dem Hartgestein Granit in monolithischer
Form gefertigt. Ab dem frühen Neuen Reich errichteten die Handwerker keine
monolithischen Säulen mehr, sondern fertigten aus Granit, Kalk- oder Sandstein
viele halbe Säulentrommeln für die Säulen an.
|
Die
Handwerker stellten die Säulen ehemals im Steinbruch her und brachten sie in
fertigem Zustand zum Aufstellungsort. Im Steinbruch wurden die Säulen in ganzer
Länge auf dem Fels vorgezeichnet und der umstehende Fels anschließend in einer
tiefen Rinne abgetragen. Dann stiegen die Handwerker in die im Fels eingeschlagene
Rinne hinab und trennten mit ihren Werkzeugen die Säule horizontal vom Fels.
Anschließend erhielt die Säule ihre runde Form durch das Abarbeiten der noch
stehen gebliebenen Felskanten. Dazu verwendeten die Handwerker halbkreisförmige
Holzschablonen. Zur Bearbeitung des Kapitells
wurde die Säule horizontal auf drei Stützen gelegt, um das überstehende Kapitell
nicht dem Druck auf den Boden auszusetzen und es dadurch zu beschädigen. Zum
Schluss glätteten
die Arbeiter alle Unebenheiten und polierten die Oberfläche
des fertigen Säulenschaftes. Eine monolithe Säule wurde somit wie ein Obelisk
hergestellt. In Assuan ist heute noch ein aufgrund eines Bruches liegen
gebliebener Obelisk zu sehen. Ähnlich wie die Aufstellung der Obelisken wurde
auch die Aufstellung der Granitsäulen durchgeführt. Eine erhabene runde Scheibe
war in der Regel als Basis vorgesehen. Sie wurde entweder direkt auf dem
Fußboden abgelegt oder bereits bei der Abarbeitung der Fußbodenplatten als
Scheibe stehen gelassen. Um die Säule an ihren Platz zu bringen wurde das gesamte Bodenniveau der Halle bis zu einer bestimmten Höhe mit Sand aufgefüllt.
Auf dem erhöhten Niveau zogen die Arbeiter den liegenden Obelisken oder die auf einem Schlitten liegende
Säule bis zum entsprechenden Standort und ließen sie dann durch eine Öffnung mit abgerundeten Seitenwänden
herab. Ein kurzer Zapfen am Ende des Säulenschaftes mündete
genau in das vorgefertigte zentrale Loch der Basis. Danach wurde der Obelisk oder die Säule mit mehreren Stricken bis zum
aufrechten Stand hochgezogen und der Sand bis auf das
eigentliche Fußbodenniveau wieder abgetragen. Ab
dem frühen Neuen Reich errichteten die Handwerker keine monolithischen Säulen
mehr, sondern fertigten sie aus vielen halben Säulentrommeln aus Granit, Kalk- oder Sandstein
an.
Zwei halbe Säulentrommeln wurden jeweils an ihren geraden
Schnittkanten zusammengefügt und bildeten eine runde Säulentrommel für den Säulenschaft.
Die Stoßfugen der beiden halben Trommeln wurden kreuzförmig auf die zuvor
darunter angeordneten halben Trommeln gelegt.
Während das Gebäude mit Sand
aufgefüllt wurde, war es gleichzeitig möglich die halben Säulentrommeln bis
zur erwünschten Höhe der Säulen aufeinander zu legen. Große Klammern aus
Hartholz, die sogenannten Schwalbenschwänze, klammerten jeweils beide halben Säulentrommeln
zusammen. Erst nachdem alle Säulen vollendet waren, wurde der Sand aus dem Bauwerk
abgetragen und die Außenseite der Säule vom Abakus bis zur Basis hin verziert.
|
Die
Handwerker verwendeten als Werkzeug einen dicken Holzstamm,
an dessen Spitze ein scharfkantiger Stein befestigt war, um eine Säule aus dem
anstehenden Fels herauszuarbeiten. Dieser
Stein, ein Dolerit beispielsweise, sollte allerdings einen höheren Härtegrad
aufweisen, als das zu bearbeitende Material.
Der Dechsel war das gebräuchlichste
Werkzeug um weiche Werkstoffe wie Holz oder Kalkstein zu glätten. Er bestand
aus einer Klinge und einem abgewinkelten Holzschaft, der als Handgriff diente.
Am kurzen Ende des hölzernen Schaftes war die Kupferklinge mit einem
Lederriemen befestigt.
Mit
einem Polierstein wurde abschließend die Oberfläche der Säule poliert.
|
Während des Neuen Reiches ließen
die Könige neue Tempel über ältere Vorgängerbauten anlegen und Säulen aus
Gründen der Bequemlichkeit oder mangelnder Zeit mit verändertem Design überarbeiten.
Mit einem dicken Stuckmantel ließ Ramses II. beispielsweise
die Kanneluren älterer Säulen im Tempel von Karnak verdecken. In den geglätteten
Stuckmantel der erneuerten Säule wurde dann das Relief einer Papyrusbündelsäule
eingearbeitet. Allerdings fiel im Laufe der Zeit
der Stuck an einigen Stellen der überarbeiteten Säule herunter und die Kanneluren
der ursprünglichen Säule wurden wieder sichtbar. Ein amtierender König
verwendete älteres Material nicht immer war mit
dem Gedanken, seine ungeliebten Vorgänger in
„damnatio memoriae“ auszulöschen und deren Bauwerke zu usurpieren, sondern
vielleicht auch um das Baumaterial im modernen Sinne von Denkmalschutz zu
bewahren. Übrigens wurde auch noch während des Mittelalters antikes
Baumaterial wiederverwendet. |
Schwere Steinblöcke wie
monolithe Säulen oder Obelisken wurden für den Transport vom Steinbruch zum
Nil nicht hochgehoben, sondern auf dem Boden mit einem dafür vorgesehenen
Schlitten gezogen. Ein robustes und massiv
konstruiertes Schiff transportierte die schwere Lasten auf dem Nil. Während des Transportes auf dem Nil
lagen die Säulen oder
Obelisken auf langen Schlitten fest vertäut und zusätzlich mit Holzbalken
gesichert.
|
|